Ihr Gutachter und öbv. Sachverständige für Pferde informiert zum Thema: Stellen beim Verkauf eines Pferdes folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen einen Sachmangel dar?

BGH   vom   30.10.2010

Im vorliegenden Fall erwarb die Klägerin am 23. November 2013 von dem Beklagten nach einem Proberitt den Quarterhorse-Wallach „A. „. Der Kaufpreis belief sich auf 17.000 € zuzüglich weiterer 1.000 € für die am 20. November 2013 vorgenommene Ankaufsuntersuchung, bei der keine erheblichen Gesundheitsmängel festgestellt worden waren. Im Kaufvertrag vereinbarten die Parteien unter anderem: „Eine Nacherfüllung hat nach der Wahl des Käufers durch Nachbesserung oder Nachlieferung, im Fall einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nachbesserung durch Nachlieferung zu erfolgen.“

Nachdem das Pferd bei Untersuchungen Anfang Februar und Mitte März 2014 unter anderem eine Schmerzhaftigkeit der Rippenköpfe gezeigt hatte, wurde aufgrund einer am 26. März 2014 vorgenommenen Knochenszintigraphie und radiologischen Untersuchung diagnostiziert:

„Der Rippenkörper der 6., 7. und 8. Rippe ist im oberen Drittel frakturiert und die Fraktur ist im Fall der beiden Letzteren auch geringgradig verschoben (disloziert). Als Therapie empfehlen wir Ruhe; das Pferd darf bis zur endgültigen Ausheilung nicht geritten werden.“

Mit Anwaltsschreiben vom 9. April 2014 machte die Klägerin geltend, die Fraktur dreier Rippen sei ein Sachmangel, der nicht therapierbar sei; vorsorglich verlangte sie Nachbesserung unter Fristsetzung bis zum 30. April 2014. Nachdem der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 29. April 2014 vergeblich um Übersendung der tierärztlichen Befunde gebeten hatte, erklärte die Klägerin am 6. Mai 2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag sowie die Erstattung notwendiger Verwendungen und vergeblicher Aufwendungen für dessen Unterhaltung.

 

Das Landgericht hatte der Klage nach Vernehmung mehrerer Zeugen sowie Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Anhörung des Sachverständigen überwiegend stattgegeben.

 

Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg.

 

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

 

Die Revision hatte Erfolg.

 

Der BGH befand, dass die Ansprüche der Klägerin auf Rückabwicklung des Kaufvertrags sowie auf Erstattung notwendiger Verwendungen und vergeblicher Aufwendungen nicht bejaht werden könnten. Der Ansicht des Berufungsgerichts, vollständig ausgeheilte Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften Pferdes seien auch ohne eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich geeignet, einen Sachmangel zu begründen, konnte der BGH nicht folgen. Zum Zeitpunkt des Rücktritts hätte ein etwa zuvor vorhandener Sachmangel nicht mehr vorgelegen und das Pferd hätte uneingeschränkt als Reitpferd belastet werden können. Auch hätten Käufer und Verkäufer eben nicht eine die Freiheit von (ausgeheilten) Vorverletzungen betreffende Beschaffenheit des Pferdes vereinbart.

Dazu führte der BGH weiter aus, dass der Verkäufer eines Tieres, sofern eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung nicht getroffen worden wäre, (lediglich) dafür einzustehen habe, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank sei und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befände, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest die hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass es alsbald erkranken würde und infolgedessen für die gewöhnliche (oder die vertraglich vorausgesetzte) Verwendung nicht mehr einsetzbar wäre. Dies gelte in gleicher Weise für folgenlos überstandene Krankheiten und Verletzungen, wie hier die ausgeheilten Rippenfrakturen eines als Reittier verkauften erwachsenen Pferdes, das nach Ablauf des Heilungsprozesses klinisch unauffällig sei. Unerheblich sei hierbei gleichfalls, dass die vollständig ausgeheilten Rippenfrakturen auf einem „traumatischen Ereignis“ beruhen würden.

 

Ebenfalls sei ein Tier mit einer ausgeheilten Fraktur letztlich nicht wie ein als unfallfrei verkauftes Kraftfahrzeug mit einem vollständig und fachgerecht reparierten Unfallschaden zu behandeln, so der BGH. Denn für eine Übertragung dieser Rechtsprechung zur Unfallwageneigenschaft von Kraftfahrzeugen auf Tiere bestehe kein Anlass, da die Verletzung eines Tieres jedenfalls nicht in jeder Hinsicht einem Schaden an einer Sache, etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden könne.

Die Annahme des Berufungsgerichts, auch ausgeheilte Rippenfrakturen eines Pferdes riefen bei Kaufinteressenten Bedenken über die Art und das Ausmaß des vorangegangenen traumatischen Ereignisses hervor und verliehen dem vom Beklagten veräußerten Pferd den preismindernden Makel einer erheblichen Vorschädigung, rechtfertige die Annahme eines Sachmangels ebenfalls nicht. Das angefochtene Urteil lasse auch hier bereits nicht erkennen, auf welchen tatsächlichen Feststellungen die tatrichterliche Beurteilung beruhe. Vielmehr übergehe das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rüge, den gegenteiligen Befund des Sachverständigen. Dieser habe bei seiner Anhörung in erster Instanz ausgeführt, dass eine (etwa ohne Bildung einer Arthrose) vollständig ausgeheilte Rippenfraktur aus sachverständiger Sicht allenfalls einen kaum sichtbaren „Schönheitsfehler“ darstelle und sich nicht wertmindernd auswirke.