Ihr Gutachter für Pferde und ö.b.v. Sachverständiger für Pferde informiert zum Thema: Stellt eine nach einer Kastrations – OP gebildete Samenstrangfistel einen Behandlungsfehler dar?

AG Wetzlar      10.01.2012

 

Stellt eine nach einer Kastrations – OP gebildete Samenstrangfistel einen Behandlungsfehler dar?

 

Im vorliegenden Fall hatte die Eigentümerin eines Hengstes diesen zur Kastration in eine Pferdeklinik gebracht. Ein Tag nach der Kastration wurde das Pferd „in Heilung“ entlassen. Für die medikamentöse Nachbehandlung wurde der Eigentümerin des Pferdes ein entsprechendes Antiphlogistikum mitgegeben.

Eine Woche nach Entlassung aus der Klinik stellte die Eigentümerin erneut das Pferd in der Klinik vor, da sich im Bereich der Kastrationswunde ein Serom (Ansammlungen von Flüssigkeit) entwickelt hatte. Nach dieser viertägigen stationären (Nach)- Behandlung wurde das Pferd entlassen. So hieß es in der Patientenakte, dass die Wundhülle fingertief zu sondieren und nicht vermehrt warm sei, und das Pferd mit einer sich in Abheilung befindlichen Wunde und einem ungestörten Allgemeinempfinden entlassen würde.

Nach Auffassung der Eigentümerin des Pferdes war das Serom die Folge einer fehlerhaften Kastration und war nicht bereit die Kosten der Kastrations-OP, sowie die – ihrer Meinung nach versuchte und misslungene – Nachbehandlung, zu zahlen.

Die Klinik vertrat die Meinung, die Kastration sei ordnungsgemäß erfolgt. Sie bezog sich des Weiteren auf die laut Patientenakte erfolgte Aufklärung, in der auf das Risiko eines Kastrationsseroms als häufige Komplikation hingewiesen worden sei.

 

Das Gericht folgte dem zugezogenen Sachverständigen und befand, dass die Eigentümerin des Pferdes die Kosten der Kastration sowie die der Nachbehandlung zu zahlen habe. Dazu führte das Gericht aus, dass es unbestritten sei, dass beide Hoden vollständig entfernt worden seien. Auch sei eine sichere Methode gewählt worden, indem die Kastrationswunde durch Naht verschlossen worden sei. Gefürchtete Komplikationen wie der Darmvorfall und gerade die Wundinfektionen würden dadurch weitgehend kontrolliert. Die Entwicklung einer Samenstrangfistelkönne könne keinesfalls als typischer Operationsfehler bezeichnet werden und gehöre zum normalen Operationsrisiko, so das Gericht. Die Diagnose „Kastrationsserom“ allein weise keinesfalls die Fehlerhaftigkeit der betreffenden Operation nach.