LG Ravensburg 01.10 2023
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin ihren Jährlingshengste zur Aufzucht und Versorgung in den vom Beklagten betriebenen Pferdepensionsstall eingestellt. Der Jährlingshengst wurde dort entsprechend der Vereinbarung altersgemäß mit drei anderen Pferden in der Gruppe untergebracht. Die Pferde wurden morgens und abends mit Kraftfutter gefüttert und hatten in den Zwischenzeiten Heu und Einstreu zum Fressen zur Verfügung.
In der Pferdepension ließ die Klägerin ihren Jährlingshengst durch einen Tierarzt an den Gliedmaßen röntgen, um Befunde zu erheben, die einem Verkauf entgegenstehen könnten. Dazu wurde der Jährlingshengst sediert und einmal nachsediert. Vor der Röntgenuntersuchung erhielt der Jährlingshengst die Abendfütterung in Form von Kraftfutter. Bei der Röntgenuntersuchung war der Beklagte nicht dabei, er hatte aber mitbekommen, dass das Pferd geröntgt und dazu sediert worden war. Nach der Untersuchung führten die Klägerin und der Tierarzt den Jährlingshengst wieder in die Box. Ob die Parteien danach über eine zu unterbleibende Fütterung des Pferdes gesprochen haben, war zwischen den Parteien streitig. Der Tierarzt jedenfalls ordnete keine Nahrungskarenz an.
Als der Beklagte am nächsten Morgen nach der Morgenfütterung den Jährlingshengst mit den anderen drei Jungpferden nach draußen führte, merkte er, dass der Jährlingshengst der Klägerin etwas verlangsamt reagierte. Der Beklagte ging mit dem Pferd danach jedoch wie üblich um und fütterte es morgens und abends wie gewohnt.
Auch am zweiten Morgen nach der Untersuchung bekam der Jährlingshengst die übliche Morgenfütterung. Am Mittag fand der Beklagte den Jährlingshengst in der Box jedoch stark schwitzend vor. Er informierte sogleich die Klägerin sowie den Tierarzt darüber, dass der Jährlingshengst eine Kolik habe. Die Beklagte fand den Jährlingshengst ca. 10 Minuten später stark schwitzend, sich nicht auf den Beinen haltend und liegend vor. Der eine Stunde später eintreffende Tierarzt wies den Jährlingshengst nach kurzer Untersuchung in eine Klinik ein. In der Tierklinik wurde nach kurzer Untersuchung eine Operation durchgeführt und dabei eine komplette Darmdrehung festgestellt, wobei Teile des Darmes bereits abgestorben waren. In Abstimmung mit der Klägerin wurde der Jährlingshengst um daraufhin eingeschläfert.
In der Folge verlangte die Klägerin Schadensersatz vom Beklagten. In der Begründung hieß es, der Beklagte wäre der Obhutspflicht aus dem Pferdeeinstellungsvertrag, das Pferd unverletzt herauszugeben, nicht nachgekommen. Nach Auftreten der Auffälligkeiten am Tag nach der Untersuchung hätte das Pferd enger überwacht werden und ein Tierarzt hätte verständigt werden müssen. Auch hätte sie den Beklagten nach der Röntgenuntersuchung aufgefordert den Jährlingshengst nicht zu füttern, was der Beklagte in den Wind geschlagen habe.
Der Beklagte sah seinerseits keine Schadensersatzpflicht als gegeben, da von einer unzureichenden Überwachung des Pferdes keine Rede sein könne. Noch am Morgen des besagten Tags der Kolik sei das Pferd unauffällig gewesen und die Kolik sei erst plötzlich gegen Mittag eingetreten. Der Zustand eines Pferdes verschlechtere sich in solchen Fällen sehr rasch. Ferner habe die Klägerin ihn nicht dazu aufgefordert, dem Jährlingshengst am Abend der Untersuchung keine Nahrung zu geben. Auch der Tierarzt habe ihn nicht aufgefordert, dem Pferd nach der Röntgenuntersuchung mit Sedierung keine Nahrung zu geben.
Das Gericht befand die Klage als unbegründet, denn den Beweis, dass das Pferd ohne ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten nicht gestorben wäre, habe die dafür hier darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht erbringen können. Denn die Grundsätze des groben Behandlungsfehlers und des Befunderhebungsfehlers gälten zwar bei der Haftung des Tierarztes, nicht aber des Verwahrers und Schuldners eines Pferdeeinstellvertrages. Eine Umkehr der Beweislast werde angenommen bei der groben Verletzung einer sonstigen Berufspflicht, die ähnlich wie beim Arztberuf auf die Bewahrung anderer vor Gefahren für Körper und Gesundheit gerichtet seien. Ein solcher Fall sei bei einem Betreiber einer Pferdepension nicht anzunehmen, so das Gericht. Das Gericht verwies hier auf eine BGH Entscheidung. (Urteil vom 12. Juni 1990 – IX ZR 151/89) Nähme der Eigentümer eines Pferdes einen Gestütsinhaber wegen Verletzung seiner Pflichten aus einem Pferdepensionsvertrag in Anspruch und verlange Ersatz für den Schaden, der als Folge eines verzögerten Beginns tierärztlicher Behandlung einer bereits eingetretenen akuten Reheerkrankung entstanden sei, so sei er für den Ursachenzusammenhang zwischen der etwaigen Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt darlegungs- und im Bestreitensfall beweispflichtig.